Science Slam

Zu sehen sind fünf Wissenschaftler*innen mit Medaillen vor dem Schriftzug #PHHD, daneben Max Wetterauer.

Science Slams seien „ein Highlight der Wissenschaftskommunikation“, sagt Transfermanager Max Wetterauer. Im Blog erklärt er das Format und wirft einen Blick zurück auf den letzten Science Slam.

Wenn Wissenschaftler:innen vor einer großen Menschenmenge sprechen, dann doch meist in einer Vorlesung oder auf einer Konferenz. Gewohntes Terrain. Hier können sie ihre Zuhörer:innen durch die Irrungen und Wirrungen der Forschung navigieren, mit kompakten Fachbegriffen die wissenschaftlichen Untiefen umschiffen und nach einer guten Stunde mit Verweis auf die Fachliteratur von Bord gehen. Das macht Wissenschaft nicht nur komplex und für Quereinsteiger:innen schwierig; selbst Forschende anderer Fächer haben gelegentlich Verständnisprobleme bei Vorträgen der Kolleg:innen.

Beim Science Slam ist das anders.

Hier haben Wissenschaftler:innen nur zehn Minuten Zeit, um ihre Forschung auf der Bühne einem Publikum zu präsentieren, das nicht mit dem Forschungsbereich vertraut ist. Dabei geht es sowohl um konkrete Forschung, als auch um das ganze Drumherum: Wie funktioniert Wissenschaft? Wie sieht der Forschungsalltag aus? Und macht das eigentlich Spaß?

Kreative Wissenschaft

Wissenschaftler:innen beantworten diese Fragen völlig unterschiedlich – und in der Regel überaus kreativ. Das macht Science Slams für mich zu einem kleinen Highlight der Wissenschaftskommunikation.

Zwei Beispiele: Beim letzten Science Slam im Jahr 2023 hat Sportprofessor Martin Giese über „Bildung für Blinde“ gesprochen. Kein leichtes Thema. Um das Publikum darauf einzustimmen, schaltete er zu Beginn seines Slams das Licht aus und präsentierte eine schwarze Folie. Dazu spielte er Geräusche ab, die für blinde Menschen eine wichtige Rolle spielen, zum Beispiel das Klopfsignal an einer Ampel. Das simuliert natürlich keine Blindheit. Aber es sensibilisiert das Publikum in wenigen Sekunden für das Thema. Gleichzeitig zeigt es, womit er sich täglich in seiner Forschung auseinandersetzt.

Mit einem „Des is miä!“ ist Juniorprofessorin Katja Schwemmer in ihren Slam gestartet. Sie beendete ihren Beitrag mit dem Aufruf, sich in der Pause über eigene Erfahrungen mit Dialekten auszutauschen. So überträgt sie ihre Feldforschung in Parkanlagen in England auf ihr Publikum in Heidelberg.

Mehr als nur Reduktion

Solche Science Slams zeigen, dass Forschung nicht im Elfenbeinturm stattfindet, sondern für uns alle wichtig ist. Das unterscheidet den Science Slam deutlich vom eingangs erwähnten Fachvortrag. Science Slams sind lockerer, verspielter und in der Regel damit auch etwas oberflächlicher.

Das macht sie aber nicht weniger anspruchsvoll in der Vorbereitung.

Zehn Minuten Vortrag – das entspricht grob einem 800 Wörter langen Skript. Eine schnelle Fingerübung für geübte Schreiberlinge. Doch es ist überaus herausfordernd, jahrelange Forschungsarbeit auf diesen engen Raum verständlich herunter zu brechen. Gleichzeitig müssen die Forschenden für dieses Format erstmal ihren eigenen Stil finden, mit dem sie sich auf einer Bühne auch wohlfühlen. Und obendrein muss der Vortrag auch gut geübt sein. Keine leichte Aufgabe!

Ich gebe den Wissenschaftler:innen daher immer drei Leitfragen zur Vorbereitung an die Hand:

  1. Was ist mein Thema? Worauf will ich mich konzentrieren? Welche Inhalte muss ich dafür kommunizieren und welche nicht?
  2. Was ist meine Take-Home-Message? Was soll dem Publikum nach dem Science Slam in Erinnerung bleiben?
  3. Das ist relevant für das Publikum, weil … Warum sollte sich das Publikum für meinen Beitrag interessieren? Wo berührt meine Forschung den Alltag anderer Menschen?

Wissenschaft fürs Publikum

Daneben gebe ich immer noch einige Tipps für den Vortrag selbst mit: Haltet euch trotz des Unterhaltungswerts an Fakten und Forschungsergebnisse. Konzentriert euch auf das Wesentliche und reduziert euren Beitrag auf eine Message. Haltet euch kurz und sprecht verständlich.

Am wichtigsten ist mir aber, dass die Slammer:innen in Interaktion mit dem Publikum treten. Matthias Fischer hatte das bei seinem Slam über Straßenschulen und Obdachlosigkeit von Schulabbrecher:innen überaus geschickt gemacht. Um zu zeigen, wie wenig sein Thema bei Stammtischgesprächen auftaucht, hat er den Raum kurzerhand zu einem verwandelt: Alle sollten reinrufen, was im deutschen Bildungssystem nicht funktioniert – nur um diese Stammtischparolen dann als Einstieg für seinen Vortrag zu nutzen.

Zu sehen ist Matthias Fischer vor einer Powerpoint-Präsentation.
Doktorand Matthias Fischer beim Science Slam 2023. Foto: PHHD.

Solche Stilmittel sind immens wichtig, um im stetigen Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums zu bestehen. Alliterationen heben sich in einem Vortrag ab, rhetorische Fragen aktivieren das Publikum, Metaphern regen zum Nachdenken an – und sie allesamt sorgen für Abwechslung und heben den Beitrag (auch hier wieder) vom 0815-Fachvortrag ab.

Ihr merkt: Hinter einem Science Slam steckt eine Menge Hirnschmalz.

Der Lohn der Mühen

Doch es lohnt sich: Unser letzter Science Slam im November 2023 lockte so viele Menschen an, dass wir irgendwann den Einlass stoppen mussten. Im dicht gefüllten Café Leitstelle lauschten über 130 Wissenschaftsbegeisterte den Beiträgen von Martin Giese, Anne Kirschner, Matthias Fischer, Katja Schwemmer und Torsten Hammann.

Und so freue ich mich schon darauf, den vierten Science Slam der Pädagogischen Hochschule am 14. November 2024 auszurichten. Ich hoffe, ich konnte euch das Format schmackhaft machen und sehe euch beim nächsten Science Slam! Falls ihr als Slammer:innen teilnehmen wollt, könnt ihr euch gerne noch bis zum 5. Mai 2024 bei mir melden (wetterauer@ph-heidelberg.de).

Zu sehen sind Menschen, die sitzend auf eine Bühne blicken.
Volles Haus im Café Leitstelle. Foto: PHHD

Autor: Max Wetterauer, Transfermanager der PH Heidelberg

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner