Wie kann man KI mithilfe von maschinellem Lernen dazu bringen, maßgeschneiderte Proteine zu designen, die bestimmte Aufgaben erfüllen können? Genau damit beschäftigt sich Leif Seute, Doktorand am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS). Er steht vorne im kleinen Fritz Haber Hörsaal des Studios Villa Bosch und erklärt uns, woran er hier am HITS forscht.
Zum Glück haben wir vorher auf Sign2Mint geschaut, wie man Aminosäure gebärdet. Ich stehe neben Leif und verdolmetsche seine Erklärungen zum Proteinaufbau in Deutsche Gebärdensprache (DGS). Mir ist warm, meine Hände beeilen sich, seinen Worten hinterherzukommen, aber ich fühle, wie sich neben der Aufregung auch echte Begeisterung breitmacht.
Dolmetschen üben
Hier sitzen wir tatsächlich alle beisammen: Wir, die erste elfköpfige Kohorte des Bachelorstudiengangs Gebärdensprachdolmetschen (GSD) an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, unser tauber Dozent Markus Fertig und unsere neue Studiengangleiterin Uta Benner. Mittendrin mein HITS-Kommunikationsteam, Angela Michel, Marisa de Sá Almeida und Peter Saueressig, für die ich normalerweise als HiWi Presseclippings sortiere und die diesen tollen Besuch für uns GSD-Studis zusammen mit der Pressestelle der Hochschule möglich gemacht haben.
Wir dolmetschen an meinem Arbeitsplatz, einem interdisziplinären Grundlagenforschungsinstitut der Naturwissenschaften, der Mathematik und der Informatik in Heidelberg. Hier kommen Wissenschaftler:innen aus über 40 Ländern zusammen, um sich voll und ganz der Wissenschaft zu widmen, die unsere Zukunft mitgestalten wird. Das HITS wurde 2010 von dem Physiker und SAP-Mitbegründer Klaus Tschira und der Klaus Tschira Stiftung als gemeinnützige Forschungseinrichtung ins Leben gerufen.
Wir haben im Wintersemester 2021/2022 angefangen, Gebärdensprachdolmetschen zu studieren. Der Studiengang ist der erste seiner Art in Baden-Württemberg und der achte deutschlandweit. Wir lernen, kompetent zwischen gehörlosen und hörenden Menschen zu dolmetschen und zu übersetzen. Die Gründung des Studiengangs hier in Heidelberg soll langfristig dem massiven Mangel an Gebärdensprachdolmetschenden im südlichen Raum Deutschlands entgegenwirken.
Abenteuerliche Hängebrücke
Welten, die mir wichtig sind und die mich prägen, treffen plötzlich aufeinander – und zwischen ihnen müssen Brücken gebaut werden. Zwischen Fachleuten und Laien, zwischen Hören und Taubsein, zwischen Gebärdensprache und Wissenschaft. Die Brücke, die wir als angehende Gebärdensprachdolmetscher:innen zwischen tauber und hörender Welt bauen, ist im Moment wohl noch eher eine wackelige und sehr abenteuerliche Hängebrücke. Aber mit jeder Erfahrung, die wir machen, werden die Tragseile ein wenig stabiler und rüsten uns für unsere Hauptaufgabe als Dolmetschende, Welten miteinander zu verbinden. HITS ist dafür das ideale Übungsfeld.
Erdschächte mit beiden Händen darstellen
Nach dem wissenschaftlichen Vortrag geht es an die frische Luft, hinaus in den idyllischen Garten, in den das Forschungsinstitut eingebettet auf dem Berg liegt. Wir schlendern gemütlich über schmale Kieswege an winterfest stillgelegten Wasserfällen vorbei. Angela schwärmt von der Farbenpracht des riesigen Rhododendronhains im Frühling und erklärt dann, wie das HITS durch Geothermie geheizt wird. Dabei schaut sie neugierig hinüber zu Helen, die gerade mit Dolmetschen dran ist und die tiefen Erdschächte mit beiden Händen darstellt.
Neugierige Fragen von beiden Seiten
Abschließend gibt es Kaffee aus der HITS Coffeebar, Brezeln und einen Schnack unter Dolmetschenden, denn Angela und Marisa sind vom Fach. Neugierige Fragen beider Seiten finden Antworten und es wird ein großes Danke gebärdet. Für den schönen Besuch gibt es den gebührenden Applaus – natürlich gebärdensprachlich mit den Händen in der Luft.
Ich beobachte, wie alle danach auseinanderstieben, zurück in die eigene kleine Welt und freue mich über alles, was von diesem Besuch seinen Weg dorthin findet. Meine Hängebrücke fühlt sich heute jedenfalls ein bisschen weniger wacklig an.
Autorin: Anna Cap studiert Gebärdensprachdolmetschen an der Hochschule und arbeitet als Hilfskraft in der Kommunikationsabteilung des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien.
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