Der Körper als künstlerisches Material

Zu sehen ist eine Kunstinstallation. Zwei Menschen liegen auf einem gekachelten Boden und blicken sich an.

Moritz war in Mannheim auf einer beeindruckenden Werkschau von PH-Kunststudierenden. Wie diese ihre Körper in Szene gesetzt haben, um Themen wie Depression oder Queersein künstlerisch auszudrücken, darüber berichtet Moritz hier.

Am 1. März 2024 besuchte ich die Werkschau der Studierenden des Seminars „Künstlerisches Forschen: (Auto)Biografien und der Körper als künstlerisches Material“ an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Das Kunstseminar wurde von Dozentin Christina Bauernfeind geleitet, die selbst Künstlerin und Kunstvermittlerin ist. Die Werkschau präsentierte nicht nur fertige Werke, sondern auch Arbeiten im Entwicklungsprozess sowie künstlerische Studien. Die Ausstellungsstücke fanden ihren Platz im Cool Pool in Mannheim, einem Raum für Experimente und Projekte sowohl für die Studierenden als auch für andere Künstler:innen.

Vorbereitung der Werkschau

Malte Borgfeldt, PH-Student und ausstellender Künstler, erzählt mir von den Vorbereitungen: „Im Vorfeld der Werkschau haben wir die Kunstwerke betrachtet, um zu verstehen, wie sie im Raum wirken und wie der Raum wiederum auf die Kunstwerke wirkt. Unter der Anleitung von Christina Bauernfeind fand eine sorgfältige Kuratierung statt. Jedes Kunstwerk wurde im Kontext der anderen betrachtet, um eine harmonische und aussagekräftige Gesamtausstellung zu schaffen.“

Inspiriert von ihren eigenen Biographien setzten sich die Studierenden mit dem Körper als künstlerischem Material auseinander und brachten persönliche Perspektiven und Erfahrungen in ihre Arbeiten ein. Die Studierenden erprobten verschiedene Formate wie Videokunst, performative Kunst und Soundcollagen.

„SCHMIERFILM“

In einer fachpraktischen Studie untersuchten Katharina Sophie Heiland und Malte Borgfeldt Performance als Schnittstelle zwischen darstellender und bildender Kunst. Unter dem Titel „Schmierfilm“ haben sie eine Rauminstallation mit Video und Ton bespielt, die sie mit einer beeindruckenden Performance verbunden haben. Über mehrere Stunden lagen die beiden Künstler:innen auf dem Boden, blickten einander in die Augen und griffen dabei das Bild des Schmierfilms auf. Die Künstler:innen erklärten mir, die dem Ganzen zugrunde liegende Idee bestehe darin, dass Menschen mit Depressionen eine Art „Schmierfilm“ vor den Augen haben, den man von außen sehen kann. Ihre performative Arbeit setzte sich intensiv mit dem Moment auseinander, in dem eine fremde Person erkennt, dass ihr Gegenüber an einer Depression leidet. Dabei wurde das erkennende Auge nicht nur als Filter betrachtet, sondern auch als Bindeglied zwischen zwei Menschen, die tiefe Emotionen und Erfahrungen miteinander teilen.

„SPIEL MICH“

Eine weitere Installation, „SPIEL MICH“ von Chiara Knapp, lud die Besucher:innen zur Interaktion ein. Es handelte sich um ein Spiel aus Holzbauklötzen, ähnlich einem Jenga-Spiel. Die Künstlerin hat die Anleitung so zensiert, dass nicht mehr erkennbar war, wie das Spielzeug richtig benutzt wird. Durch das bewusste Auslassen dieser Informationen wurden Fragen nach den üblichen Regeln und Anweisungen aufgeworfen, die wir auch in anderen Zusammenhängen, zum Beispiel im Alltag, befolgen. Begleitet wurde das Spiel von einer Aquarellstudie, die weitere Aspekte des Themas beleuchtete. Die Besucher:innen wurden aufgefordert, das Ausstellungsstück selbst zu verändern und umzustellen, was zu einer dynamischen Veränderung des Raumes führte und zur kritischen Reflexion über unsere individuellen Rollen in der Gesellschaft ermutigte.

„BLAU.PINK.ROT“

Besonders bewegend war die Performance „BLAU.PINK.ROT“ von Lucas Lambert, die sich mit medialen und hetero-normativen Sichtweisen auf queere Menschen auseinandersetzte. Die künstlerische Darbietung bestand nicht nur aus Texten, sondern auch aus einer Performance: Lambert flickte ein zerrissenes Kleid mit rotem Faden, das er am eigenen Körper trug. Der Künstler brachte die traurige Realität queerfeindlicher Gewalt und Diskriminierung eindringlich zum Ausdruck.

Lamberts Arbeit war ein wichtiger Akt der politischen und sozialen Sensibilisierung, der zum Nachdenken und Mitfühlen anregte.

Einfluss und Nachwirkungen der Ausstellung

Insgesamt war die Ausstellung ein inspirierendes Erlebnis, das nicht nur die Vielseitigkeit und das Talent der Studierenden zeigte, sondern auch wichtige gesellschaftliche Themen aufgriff und zur Diskussion stellte. Es war beeindruckend zu sehen, wie junge Künstler:innen mit Leidenschaft und Kreativität ihre Stimme erhoben und dabei eine Brücke zwischen Kunst und gesellschaftlicher Realität schlugen.

Die künstlerischen Darbietungen und Installationen haben mich auf vielfältige Weise berührt und angeregt, auch in den Tagen danach über die präsentierten Themen nachzudenken. Insbesondere die eindringliche Darstellung persönlicher Erfahrungen und der Umgang mit sensiblen Themen wie Depression und Queerfeindlichkeit haben mich sehr bewegt. Es war eine Erfahrung, die nicht nur ästhetisch sehr ansprechend war, sondern auch einen tiefgreifenden emotionalen und intellektuellen Dialog anregte.

Autor: Moritz Janke studiert Sonderpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und ist studentische Hilfskraft in der Pressestelle

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