Bildungsurlaub gegen Bürostress

Zu sehen ist eine Gruppe auf Yogamatten und im Hintergrund eine Dozentin am Flipchart

Kommunikationsexpertin Verena hat sich im Bildungsurlaub eine kurze Auszeit vom hektischen Alltag in der PH-Pressestelle genommen. Was es damit auf sich hat und wie Yoga gegen Arbeitsstress wirkt, davon erzählt sie im campusblog.

„Ach ja, hab‘ ich schon mal von gehört. Find ich super. Aber gemacht hab‘ ich‘s noch nie.“ So ungefähr haben Kolleg:innen oder Freund:innen reagiert, als ich ihnen von meinem Bildungsurlaub erzählt habe. Und mir ging es vorher genauso. Ich wusste zwar, dass der Arbeitsgeber einen für fünf Tage freistellt, damit man sich weiterbilden kann. Aber Bildungsurlaub in Anspruch zu nehmen, darauf bin ich nie gekommen. Bis ich im August 2024 gedacht habe: „Ja, warum eigentlich nicht?“.

6.300 Bildungsurlaub-Angebote in Baden-Württemberg

Gesagt, getan: Ich habe mich zunächst auf der Seite www.bildungsurlaub.de informiert, welche Angebote in Baden-Württemberg anerkannt werden. Die schiere Anzahl – nämlich über 6.300 Seminare – hat mich erstmal erschlagen. Nach einigem Überlegen waren jedoch folgende Punkte für mich klar: Ich will etwas für meine (mentale) Gesundheit tun, den Kurs noch in diesem Jahr machen und – mit ehrlichem Blick auf mein privates Reisebudget – besser in Deutschland bleiben. Denn: Der Arbeitsgeber stellt einen zwar frei, die Kosten für den Kurs, die Anreise sowie die Unterkunft trägt man jedoch selbst.

Meine Wahl fiel auf einen Yoga-Kurs zum besseren Umgang mit Stress am Arbeitsplatz, auf der Insel Reichenau am wunderschönen Bodensee. Ich habe den Kurs gebucht und unsere Rektorin, der ich direkt zugeordnet bin, sowie meine Kolleg:innen informiert. Alle haben super reagiert und mich von Beginn an unterstützt – keine Selbstverständlichkeit, denn immerhin bin ich fünf Tage nicht im Büro. Ich habe dann noch das Formular aus unserem Downloadcenter gezogen, eingereicht, und eine Unterschrift der Rektorin sowie der Kanzlerin später war klar: Ich werde in den Bildungsurlaub gehen.

Zu sehen ist ein Übungsraum ohne Menschen aber mit Yogamatten mit Blick auf den Bodensee
Bildungsurlaub mit Blick auf den Bodensee, Foto: Presse/PHHD

Yoga gegen Stress am Arbeitsplatz

Fast Forward: Es ist nun Mitte November und ich bin auf dem Weg an den Bodensee. Beim Check-In werde ich freudestrahlend mit den Worten begrüßt „Wir haben ein ganz schlechtes Handynetz. Aber unser WLan, das ist gut.“ Dass selbiges keine halbe Stunde später auf dem gesamten Gelände zusammenbricht und ich somit komplett offline bin, werte ich als Zeichen, dass ich nun wirklich im Urlaub bin.

Ich beziehe also mein Zimmer, das groß und hell ist, und gehe dann erstmal an den See. Allein das Wasser entspannt mich und ich freue mich, die nächsten Tage mit diesem Blick verbringen zu dürfen. Aber wegen dem alleine bin ich ja nicht da. Also packe ich schnell meine Yoga-Sachen und suche meinen Kurs – zu dem ich als Einzige 15 Minuten zu spät komme. Anders als in der akademischen Welt heißt hier nämlich „Ankommen und Kennenlernen“ nicht, dass man zunächst locker netzwerkt, sondern der Kurs direkt beginnt. Ein Glück nehmen wir es alle mit Humor.

Bei manchen ist es von allem etwas

Wir, das sind 14 Menschen plus Trainerin. Wie üblich ist klar, dass alles Gesagte im Raum bleibt. Daher nur so viel: Wir kommen aus allen Bundesländern Mittel- und Süddeutschlands, sind zwischen 30 und 70, arbeiten etwa als Steuerberater:in, Journalist:in oder Krankenpfleger:in. Manche haben Erfahrung mit Yoga, andere nicht; einige waren bereits im Bildungsurlaub, für andere ist es das erste Mal. Was uns verbindet: Wir alle beschreiben unser Leben als überwiegend stressig. Bei der einen ist es der Job, bei dem anderen die Pendelei mit öffentlichen Verkehrsmitteln, für eine ist es der Spagat zwischen Kinderbetreuung, Arbeit und Partnerschaft, eine andere kämpft mit der Gesundheit – entweder der eigenen oder mit der ihrer pflegebedürftigen Eltern. Bei manchen ist es von allem etwas.

Eine weitere Gemeinsamkeit: Wir wollen etwas lernen. Also hören wir unserer Trainerin aufmerksam zu, die sowohl durch ihr großes Wissen als auch ihren bodenständigen Humor überzeugt. Mir gefällt zudem, dass sie für jede:n die passende Übung hat und so langweilt sich weder die junge Joggerin noch die frisch am Fuß operierte Mittsechzigerin. Wir lernen zudem voneinander und tauschen uns über unsere Erfahrungen sowie persönliche Lösungen aus.

Zu sehen sind Teilnehmende des Kurses beim Spaziergang am Bodensee
Gruppenspaziergang am See, im Hintergrund das Seminargebäude, Foto: Presse/PHHD

Unsere Tage sind wirklich voll!

Dabei lachen wir – trotz des strammen Programms – viel miteinander. Denn auch das muss man sagen: Unsere Tage sind wirklich voll! Wer will, kann bereits vor dem Frühstück gemeinsame Sonnengrüße machen. Um neun Uhr startet der Tag dann offiziell: Wir beschäftigen uns die nächsten Stunden mit der Yoga-Lehre sowie mit Gründen für und Auswirkungen von Stress. Gleichzeitig praktizieren wir Yoga und gehen viel Spazieren. Unterbrochen wird jeder Tag vom Mittagessen und auch abends essen wir zusammen. Da der ansonsten wirklich schönen Anlage ein gemütlicher Gemeinschaftsraum fehlt und weil wir abends alle wirklich müde sind, fallen wir spätestens um 21.00 Uhr in die Betten.

Zu sehen ist der Bodensee beim Sonnenaufgang
Bodensee beim Sonnenaufgang, Foto: Presse/PHHD

Zeit für Bildung sollten wir uns alle nehmen

Und so vergehen die fünf Tage wie im Flug. Am Freitag kommen wir zu einer letzten Yoga-Runde zusammen und lernen auch hier noch etwas Neues. Denn was zumindest ich bislang nicht wusste: Yoga kann man selbst auf einem Stuhl machen – was ich, so viel sei verraten, sofort ausprobiere, als ich montags zurück im Büro bin. Aber erstmal heißt es Abschied nehmen und heimfahren. Während ich von Stau zu Stau schleiche und dabei meine Atmung kontrolliere, denke ich darüber nach, ob ich wieder einen Bildungsurlaub machen würde. Die Antwort ist: Ja. Ich finde es super, dass man von seinem Arbeitgeber freigestellt wird, um sich fünf Tage voll und ganz einem Thema zu widmen. Ich konnte zum Beispiel mein Wissen über Stress vertiefen und habe nach zwei Jahren Pause den Wiedereinstieg ins Yoga geschafft (die 10er Karte für mein altes Studio ist bereits gekauft). Gleichzeitig liegt bei einem Bildungsurlaub meinen Erfahrungen nach die Betonung auf Bildung und nicht auf Urlaub – ich bevorzuge daher ab sofort den Begriff Bildungszeit. Und Zeit für Bildung, die sollten wir uns gerade heute alle nehmen. 

Zu sehen ist Verena am Schreibtisch sitzend und eine Yoga-Übung ausführend
Verena beim Yoga am Arbeitsplatz, Foto: Presse/PHHD

Autorin: Medienwissenschaftlerin Verena Loos ist als Pressesprecherin an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg tätig.

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