Der Tag ist jetzt

Zu sehen ist Cosima Stawenow beim Interview mit einer Frau

Cosima Stawenow, die als Redakteurin seit 2019 die Hochschule bei wichtigen Publikationen unterstützt hat, ist am 29. Mai an ihrer Krebserkrankung verstorben. Birgitta, verantwortlich für das PH-Bildungsmagazin daktylos, teilt auf dem campusblog ihre Erinnerungen und Gedanken.

An den Tag, als ich Cosima zum ersten Mal begegnet bin, erinnere ich mich noch ganz genau, das war kurz vor der Corona-Pandemie. Wir haben uns im Keplers-Café im Altbau getroffen, um uns kennenzulernen und zu überlegen, ob wir uns eine Zusammenarbeit in der Redaktion des Hochschulmagazins daktylos vorstellen könnten. Eine halbe Stunde später waren wir dann schon zusammen auf dem Weg ins Pressebüro, um die Formalitäten zu klären: Das hat von Anfang an zwischen uns gepasst. Die Literaturwissenschaftlerin mit den klugen Augen und dem warmherzigen Lächeln war als freie Journalistin mit viel Berufserfahrung in den Bereichen Bildung und Inklusion ein absoluter Glücksgriff für die Publikationen unserer Hochschule.

Kreative Ideen und trockene Bemerkungen

Nun ist Cosima mit nur 42 Jahren an ihrer Krebserkrankung gestorben. Wir arbeiten gerade an der neuen Ausgabe des daktylos – und vermissen ihre kreativen Ideen, ihr aufmerksame Zugewandtheit, ihre trockenen Bemerkungen. Wir vermissen Cosima sehr. Und wir freuen uns zugleich, dass wir mit Johannah Illgner und ihrer Agentur Plan W eine professionelle Nachfolgerin gefunden haben, die zudem mit Cosima verbunden war.

Obwohl sie seit der Diagnose 2021 und den anschließenden vielen Operationen und Chemotherapien geschwächt war und oft mit starker Müdigkeit zu kämpfen hatte, hat sie weiter höchst engagiert mit uns zusammengearbeitet. Im Themenheft zur Nachhaltigkeit 2023 etwa gibt es ein Kapitel über den Ökogarten, in dem sie ihren Sprachwitz und ihr Gespür für spannende Inhalte auf ihre unnachahmliche Weise verbunden hat.

Erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne für ihren Gedichtband

Cosima ist bewundernswert stark mit der Diagnose ihres unheilbaren Gallengangkrebses umgegangen. In einem Interview mit der Rhein-Neckar-Zeitung im November 2023 hat sie ihre persönliche Geschichte erzählt, um anderen Betroffenen Mut zu machen. Und um auf ihre Crowdfunding-Kampagne aufmerksam zu machen, mit der sie ihren Gedichtband „Unverletzt“ und andere letzte Dinge finanzieren wollte. Die erhofften 12.000 Euro und noch mehr kamen rasch zusammen; der Gedichtband steht seit März in meinem Bücherregal. Etwa 60 Gedichte finden sich darin. Dirk Welz, ihr Ko-Geschäftsführer bei “Leading Edge Kommunikation”, wo Cosima 2020 mit eingestiegen ist, hat sie dabei unterstützt, das Buch herauszubringen.

Autorin zu werden war ein Kindheitstraum von Cosima, der Poetin. Sie liebte die Sprache, war ihrem Krebs fast dankbar, wie sie einmal sagte, dass er die Lyrik in ihr entfacht hatte, ihr Weg, sich ihrer unheilbaren Krankheit zu nähern. „Unverletzt“ beginnt mit der Auseinandersetzung mit dem nahen Tod und erzählt in Gedichten quasi rückwärts Fragmente, Empfindungen, Erlebnisse, Gefühle ihres Lebens. Aus vielen Gedichten spricht gar nicht einmal eine so große Traurigkeit, sondern fast heitere Akzeptanz – und doch: Das zu lesen fällt mir manchmal schwer. Wie muss es gewesen sein, den Alltag der Erkrankung und allem, was damit verbunden ist, zu leben?

Qualität statt Quantität

Cosima hatte keine Angst vor dem Tod. Sie hatte ihre Krankheit und ihr nahendes Lebensende uneingeschränkt akzeptiert. Zeit in ihrer Linearität war bedeutungslos geworden für sie. In einem unserer Telefonate beschrieb sie mir, wie dankbar sie für Momente intensiver Begegnungen mit Menschen, wie froh sie um ihre Erfahrungen auf ihrer zweimonatigen Asienreise, wie wichtig ihr die Qualität des Austauschs mit Familie und Freunden sei.

Bis auf eine Ausnahme: Schmerzlichst für sie war, ihren drei Kindern im Alter zwischen sieben und 14 Jahren von ihrer unheilbaren Krankheit zu erzählen. Bis zuletzt hat sie sich um ihr Wohlergehen und ihre Zukunft gekümmert. Im März hatte sie sich noch über die gymnasialen Bildungsverläufe meiner Töchter informiert, von Mutter zu Mutter sozusagen, dabei den Blick auf die eigenen Kinder gerichtet.

Zu sehen ist Cosima Stawenow vor einer bunt bemalten Wand in Grüntönen
Cosima, Foto OZ-photography

Auf der Suche nach dem, was uns alle verbindet

In einem Gespräch mit Kolleg:innen aus dem Dezernat 16 in Heidelberg, dem Kultur- und Kreativwirtschaftszentrum der Stadt Heidelberg und berufliche Heimat für Cosima und ihre Agentur, sagte sie: „An das Leben nach dem Tod zu denken hat für mich etwas Tröstliches – ich fokussiere mich auf den Glauben und die Hoffnung, dass ich von Gott aufgenommen werde und Eins mit allem jetzt noch so Desolaten und Verstreuten bin. Dieses Einswerden ist wie ein Puzzleteil, das in ein unendlich großes Puzzle passt, oder eine Träne, die restlos mit dem Ozean verschmilzt. Daneben gibt es die Angst vor dem Unbekannten und das Ausgeliefertsein, die ich auch in meinen Gedichten unterbringe. Aber immer auf der Suche nach dem, was uns alle als Lebewesen verbindet. Denn wir müssen alle sterben.“

Dr. Birgitta Hohenester Pongratz ist in der Abteilung Presse & Kommunikation für verschiedene Publikationen wie das Hochschulmagazin daktylos, den Jahresbericht u.a. verantwortlich. Sie betreut mit Max Wetterauer den campusblog.

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