Kommunizieren ohne zu sprechen

Wer eine Taubblindheit oder Hörsehbehinderung hat, nutzt andere Kommunikationswege. Das hat auch Jana in ihrem Erweiterungsfach schnell gemerkt. Sie erklärt im Gespräch mit Redakteur Max, was die Taubblinden-/ Hörsehbehindertenpädagogik ausmacht.

Ich hatte vorher selbst keinerlei Bezugspunkte zu Menschen mit Mehrfachbehinderung. Ich dachte auch immer, das würde mir gar nicht liegen. Aber dann hat eine meiner besten Freundinnen hier Taubblinden-/Hörsehbehindertenpädagogik studiert – und ich war beeindruckt, wie begeistert sie von dem Erweiterungsfach erzählt hat. Ich liebe Sonderpädagogik, ich bin begeistert von meinem Studium, aber sie hat richtig gebrannt für die Inhalte, die Anwendungen und Aufgaben. Das hat mich einfach neugierig gemacht.

Wir haben dann viel über das Fach gesprochen. Und das ist schon sehr interessant: Man braucht einen ganz anderen Ansatz, an Menschen ranzugehen, die keinen oder nur wenig Zugang zur Welt haben. Ich habe mich damals gefragt, ob eine richtige Kommunikation da überhaupt möglich wäre. Ich meine: Man muss überlegen, wie man Dinge vermittelt, ohne mit der Person, wie ich es bisher kannte. zu sprechen. Was da alles dahintersteckt, ist wahnsinnig spannend. Und das hat mich gereizt!

Kommunikation anders gedacht

Die Seminare sind sehr interaktiv. Wir machen sehr viele Simulationen, reflektieren unser Verhalten und lernen, uns auf die Lerninhalte, aber auch das Gegenüber einzulassen. Das ist natürlich nur eine Übung, aber da merkt man schon, dass man sich total fokussieren muss. Ein paar Beispiele: Wann weiß ich, dass mein Gegenüber die nächste Wand auf dem Schirm hat? Weiß die Person jetzt, dass wir uns in einem Raum befinden? Wie kann ich ihr vermitteln, dass wir den Raum wechseln? Wie funktioniert Lehren?

Das klingt banal. In meiner Realität ist das völlig klar und normal. Aber allein schon durch die Übungen gewinne ich neue Perspektiven, die mich mein Weltbild hinterfragen lassen. Das ändert auch meinen Blick auf meinen Förderschwerpunkt.

Das Fach hat mich aufgeweckt. Ich weiß jetzt, dass ich mich noch stärker auf mein Gegenüber einlassen muss, besser zuhören muss. Wenn du im Taubblinden-Bereich nicht wirklich zu 100 Prozent da bist, kann es sein, dass du keinen Zugang zu deinem Gegenüber bekommst.

„Ich weiß, dass ich nichts weiß“

Zwei Dinge nehme ich besonders aus meinen Seminaren mit. Zuerst einmal haben alle unsere Dozierenden Praxisbezug, viele arbeiten eine Wochenhälfte in der Praxis – und das ist wirklich wertvoll. Wir bekommen in den Seminaren sehr viele Erfahrungsberichte, die die Theorie ergänzen.

Und außerdem lerne ich, dass ich nicht alles wissen kann. Jeder Mensch ist individuell und da stößt jede Theorie irgendwann an ihre Grenzen. Auch mit meinem Studium, mit der ganzen Theorie und den Praxiserfahrungen muss ich mich immer auch hinterfragen. Und ich muss auch einsehen, dass es Dinge gibt, die ich nie verstehen oder nachvollziehen kann, aber dass es theoretische Ansätze, Modelle und Haltungen gegenüber anderen Menschen gibt, die mich in der Praxis anleiten.

Im Rahmen des TTB 04 Moduls gehen wir auch bald in einer Schule, um zu hospitieren. Da werde ich Unterricht mitgestalten und auch dort übernachten – ich bin schon sehr gespannt!

Hier sind alle motiviert

Ich kann das Erweiterungsfach sehr empfehlen! Aber: Es ist keine geschenkte Zusatzqualifikation. Taubblinden-/ Hörsehbehindertenpädagogik bedeutet Arbeit und ihr solltet es nicht unterschätzen. Aber wenn ihr Bock habt, neue Perspektiven einzunehmen, eine neue Fachrichtung kennenzulernen mit ganz anderen Ansätzen, Hintergründen und Methoden, dann werdet ihr euch hier wohlfühlen!

Außerdem lernt ihr coole Leute kennen: Hier sind alle echt super motiviert! Ein Freund von mir studiert sogar Sonderpädagogik nur, weil er unbedingt Taubblinden-/ Hörsehbehindertenpädagogik studieren wollte. Wir sind auch nicht zu viele, sodass wir uns durch die Seminare mittlerweile alle kennen.

Autorin: Jana Senk studiert im Master Sonderpädagogik an der PH Heidelberg.

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