Ein Ausflug in die Stadtbücherei

Zu sehen ist ein Bücherregal.

Internationale Studierende haben die Stadtbücherei in Heidelberg besucht. Im campusblog sammelt Heike Heinemann die Eindrücke von Studierenden aus Kolumbien, der Türkei, Indonesien oder Usbekistan.

Jedes Jahr kommen Studierende aus aller Welt nach Heidelberg, um in dieser lebendigen Wissenschaftsstadt zu studieren. In diesem Semester habe ich für einige von ihnen ein Seminar gehalten mit dem Titel „Phonetik und Intonation für internationale Studierende“. Zu einem richtigen Auslandsaufenthalt gehört für mich aber auch immer dazu, dass die Internationals die Stadt außerhalb des Seminarraums kennenlernen.

Deshalb bin ich mit ihnen am 14. November 2024 in die Heidelberger Stadtbücherei gegangen. Ich habe sie gebeten, ihren Besuch zu reflektieren und die Stadtbücherei mit den Bibliotheken in ihren Heimatländern zu vergleichen. Ihre Eindrücke habe ich euch hier im campusblog zusammengestellt.

Bücherregale überall

„Als ich zum ersten Mal in Deutschland ankam und Heidelberg erkundete, war ich von der Atmosphäre dieser Stadt sehr beeindruckt. Eine der Sachen, die meine Aufmerksamkeit erregten, waren die Bücherregale am Bismarckplatz und in der Umgebung der Universität Heidelberg. Diese Regale bieten Bücher an, die jeder kostenlos nehmen kann. Das liegt vielleicht daran, dass Heidelberg als Studentenstadt bekannt ist, mit mehr als 30.000 Studierenden, die hier lernen. Kein Wunder, dass die akademische Atmosphäre in jeder Ecke der Stadt spürbar ist.

In Heidelberg gibt es viele Bibliotheken, die genutzt werden können, darunter die Stadtbücherei. Wie der Name schon sagt, ist sie eine städtische Bibliothek. Als ich sie zum ersten Mal besuchte, war ich sehr beeindruckt – nicht nur, weil sie mehr als 230.000 Bücher und Medien sowie ästhetische und gemütliche Lese- und Lernzonen bietet, sondern auch wegen der Vielfalt der Besucher. Nicht nur junge Leute, sondern auch Kinder, Jugendliche und ältere Menschen nutzen diese Einrichtung“

Putri Maudina, Indonesien

Zu sehen ist ein Bücherregal.
Ein öffentliches Bücherregal in Heidelberg. Foto: Privat.

„Bola boshidan“

„Was mich beeindruckt hat, sind die Medienpädagog:innen, die Eltern bei Themen zu digitaler Bildung unterstützen. Außerdem organisiert die Stadtbücherei spielerische Veranstaltungen, bei denen Kinder mit Tablets und Robotern programmieren lernen können. Ich finde es sehr wichtig, damit früh zu beginnen. Im Usbekischen gibt es ein Sprichwort, das dazu gut passt und nur schwer zu übersetzen ist: „Bola boshidan“ bedeutet quasi „von Anfang an als Kind“. Der Ausflug hat mir gezeigt, welch hohe Bedeutung die Bildung der Kinder in Deutschland hat.“ 

Gulnur Peysenova, Usbekistan

„In der Stadtbücherei konnte man fast alle Bücher finden, besonders in der Kinderabteilung. In meinem Heimatland Usbekistan gibt es keine Abteilungen für Kinder.“

Khilola Mamadiyorova, Usbekistan

Zu sehen ist die Stadtbücherei Heidelberg.
Die Stadtbücherei Heidelberg. Foto: Privat.

„Der Aufbau der Bibliothek hat mir sehr gut gefallen, vor allem die Kinder- und Jugendabteilung. Die kleinen Nischen und Betten bieten den Kindern einen angenehmen und ruhigen Zeitvertreib. Es war eine sehr schöne Überraschung zu sehen, wie die Kinder es benutzten, und dass sie gerne Zeit in der Bibliothek verbringen.“

Eliza Rita Kiss, Ungarn

„Demokratisierung von Kultur und Wissen“

„Die Heidelberger Stadtbücherei und die Büchereien in Medellín haben viel miteinander gemeinsam. In Medellín gibt es viele Büchereien, die einen wichtigen sozialen Beitrag leisten, weil sie in verschiedenen Stadtteilen liegen und allen Menschen Zugang zu Bildung ermöglichen. Büchereien in beiden Ländern schaffen für viele Menschen eine angenehme Atmosphäre zum Lesen und Lernen und sind wichtige Treffpunkte für die Gemeinschaft.“

Isabella Salazar Álvarez, Kolumbien

„Die ganze Atmosphäre war sehr inklusiv. Ich meine damit, dass es eine große Auswahl von Büchern gab, die für alle Menschen interessant sind. In der Türkei haben wir auch viele Büchereien, aber sie sind eher wie Arbeitsplätze, um sich für Prüfungen vorzubereiten. In Heidelberg habe ich junge Menschen, aber auch Senioren gesehen – das hat mich gefreut.“

Sevde Efe, Türkei

„Die Jugendabteilung der Stadtbücherei war gut gemacht, um allen einen gleichberechtigen Zugang zu Kultur zu ermöglichen. Es ist so wichtig, den Kindern die Lust am Lesen zu vermitteln. Die Lesensleidenschaft ist eng mit dem sozialen Umfeld verbunden. Die Jugendabteilung ermutigt mit ihrem Angebot Kinder trotz potentieller Schwierigkeiten zu lesen. Mir hat außerdem gefallen, dass es Bücher für Leute gab, die nicht Deutsch als Muttersprache sprechen. Büchereien sind für mich eine wichtige Säule der Integration und der Demokratisierung von Kultur und Wissen.“

Kilian Richard

Bibliothekstipps für Bandung

„In meinem Heimatland Indonesien sehe ich nur selten ältere Menschen, die in eine Bibliothek gehen, um Bücher zu suchen. Auf der Website der Stadtbücherei Heidelberg gibt es jedoch spezielle Informationen zu Dienstleistungen, wie etwa Sammlungen zu den Themen Gesundheit im Alter, Partnerschaft und Liebe sowie Zusammenleben der Generationen. Für mich persönlich spiegelt das die Realisierung des Konzepts des lebenslangen Lernens wider – oder wie man oft sagt: lifelong learner.

In Indonesien gibt es eigentlich auch Stadtbibliotheken, darunter in Bandung, wo ich wohne. Allerdings sind die Büchersammlungen in Stadtbibliotheken dort oft veraltet und werden selten aktualisiert. Daher besuche ich lieber unabhängige Bibliotheken in Bandung. Eine meiner Favoriten ist die Room 19, die sich in der Jalan Dipatiukur in Bandung befindet. Obwohl ich dort mehr zahlen muss, kann ich neue Buchveröffentlichungen genießen. Außerdem bietet die Bibliothek oft Snacks, Getränke und verschiedene interessante Veranstaltungen an, wie Workshops zum Schreiben von Gedichten, Diskussionen über Demokratie vor den Präsidentschaftswahlen oder Brettspiel-Abende.“

Putri Maudina, Indonesien

Autorin: Heike Heinemann ist Diplom-Sprecherzieherin und lehrt an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg im Fachbereich Sprecherziehung.

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