Mein Nebenjob: Straßenbahnführer

Zu sehen ist eine Plüschmaus auf dem Schaltpult der Straßenbahn mit einer Hand, die den Daumen hoch hält.

Masterstudent Lukas hat einen spannenden Nebenjob: Er arbeitet als Straßenbahnführer beim Rhein-Neckar-Verkehr (rnv). Im campusblog beschreibt er, warum das so viel Spaß macht.

Ich bin ehrlich, ich hatte schon immer etwas übrig für die klassischen Träume kleiner Jungs. Große Fahrzeuge fand ich spannend und mit Beginn meines Studiums an der Pädagogischen Hochschule hatte mich das auch noch nicht so richtig losgelassen.

Zwei Monate Fahrschule im Schnelldurchlauf

Ich bin Lukas, habe Grundschullehramt im Bachelor studiert und bin mittlerweile im Master E-Learning & Medienbildung (ELMEB) anzutreffen. Seit Ende Juli 2023 bin ich “studentischer Wagenführer” bei Rhein-Neckar-Verkehr (rnv) in Mannheim. Als man sich nach der  Pandemie wieder dort bewerben konnte, war ich gleich dabei. Nach einem Auswahlverfahren, einem kurzen Einstellungstest und dem Besuch beim Betriebsarzt konnte es schon für zwei Monate in der Fahrschule losgehen. In dieser Zeit bekamen wir alles beigebracht, was man beim Fahren einer Straßenbahn wissen sollte. Und das ist so einiges. Das Pensum ergibt sich aus dem gewaltigen Streckennetz, das ich inzwischen befahren darf. Während der Ausbildung lernten wir  in unserem Kurs von insgesamt fünf Studierenden aus der Region die Besonderheiten aller Mannheimer und Ludwigshafener Strecken sowie der  Eisenbahnstrecken nach Heddesheim und Bad Dürkheim. Da historisch gewachsen, sind diese Strecken keine „normalen“ Straßenbahnstrecken. Sie haben ein  anderes Regelwerk, das man natürlich zur Prüfung beherrschen muss. Oft werde ich gefragt, “ob ich denn auch die Linie 5 fahre”. Die Rundfahrt der ehemaligen OEG und die Heidelberger Linien stehen nicht auf meinem Führerschein, aber vielleicht ändert sich das ja eines Tages.

Bunter Mix aus Theorie und Fahrpraxis

Das mag erst einmal viel klingen, aber die Mischung aus Theorie und Fahrpraxis ab der ersten Woche sorgte dafür, dass wir den Stoff direkt anwenden konnten und somit gut auf die theoretische, mündliche und praktische Prüfung vorbereitet waren. Den bunten Mix aus  betrieblichen, rechtlichen, technischen Fragen und Problemstellungen aus dem Kundenservice meisterten wir alle erfolgreich.

Nach Abschluss der Ausbildung stand mir für zwei Wochen ein „Lehrfahrer“, ein erfahrener Kollege, mit Rat und Tat zur Seite. Aktuell bin ich bereits seit über einem Jahr alleine unterwegs und finanziere mir so mein Studium. Aber wie ist das als Student am Steuer einer Bahn? Gut finde ich, dass es zwischen mir und den “normal” ausgebildeten Kolleg:innen kaum Unterschiede gibt. Ich bin kein Mitarbeiter zweiter Klasse oder ein notwendiges Übel, um Lücken zu füllen. Trotz der schnelleren Ausbildung und der flexiblen Zuteilung bin ich ebenso angesehen und wertgeschätzt wie jeder andere.

Zu sehen ist rechts eine Straßenbahn und links öffnet sich der Blick zur Bergstraße bei Sonnenuntergang
Schöne Kulisse an der Bergstraße. Foto: privat.

Studium geht immer vor

Etwa einmal in der Woche halte ich mit den Kolleg:innen aus der Diensteinteilung Rücksprache, entweder telefonisch oder per Online-Formular über das iPad, das ich von der rnv bekommen habe. Als Werkstudent darf ich in der Vorlesungszeit maximal 20 Stunden pro Woche fahren. In den Semesterferien darf ich so lange Gas geben, wie es das deutsche Arbeitsrecht zulässt. Das beste ist: ich muss keine Mindestanzahl an Stunden leisten. Sollte also gerade mein Studium sehr zeitintensiv sein, ist das überhaupt kein Problem. Ich muss nur die Diensteinteilung informieren und werde in dieser Zeit auch nicht gefragt, ob ich nicht doch kurzfristig  einspringen kann.

Viel Verantwortung für Fahrgäste und Verkehr

Insgesamt sorgt das für ein wirklich gutes Einkommen als Studierender! Neben dem Stundenlohn von aktuell 18,56 Euro kommen einige (steuerfreie) Zulagen für Sonntags- oder Nachtarbeit sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld hinzu. Dazu „zwingt“ einen niemand, aber als kleine Nachteule bin ich ganz froh darüber. Solange es mein Studium nicht beeinträchtigt, kann ich also arbeiten, wie es mir am besten passt. Gerade die späteren Dienste sind eher für Leute geeignet, die über ein Auto verfügen, doch ich komme auch ohne klar. Meistens fahre ich an meinen vorlesungsfreien Tagen mit dem Zug nach Mannheim. Dort übernehme ich am Paradeplatz oder Hauptbahnhof eine Bahn von einem Kollegen und drehe dann meine Runden durch die Region. Natürlich trage ich ziemlich viel Verantwortung, schließlich bewege ich bis zu 500 Fahrgäste in einer bis zu 60 Meter langen und bis zu 108 Tonnen schweren Bahn. Damit sind wir hier in der Region  Weltrekordhalter für Straßenbahnen mit unserer Spurweite!

Zu sehen ist die Fahrerkabine von vorne, rechts die Plüschmaus.
Foto: privat.

Plüschmaus immer mit dabei

An meiner Seite ist stets die Maus. Kein Scherz, eine kleine orange Plüschmaus an meiner Windschutzscheibe sorgt regelmäßig dafür, dass Passant:innen aller Generationen mir winken und lächeln. In der Weihnachtszeit bin ich mit Nikolausmütze und weihnachtlicher Lichterkette unterwegs, was auch einige positiv überrascht. Ich sehe das als meinen Beitrag gegen das Image des ruppigen und unfreundlichen „Mannis“. Gerade in Zeiten, wo der Umgang miteinander rauer wird, freue ich mich, dass es doch noch so viele nette Menschen gibt. Denn natürlich muss ich mir einiges von den Fahrgästen anhören, aber manchmal sind es eben auch nette Worte. Außer solchen guten Eindrücken nehme ich nichts von meiner Arbeit mit nach Hause:  Ich kann mich daheim ganz auf Uni oder Freizeit konzentrieren, das schätze ich  sehr.

„Echte Welt“ als Ausgleich zum Studium

Trotz Widrigkeiten im Alltag ist die Tätigkeit als Stadtbahnfahrer ein guter Ausgleich zum Studium. Ein bisschen „echte Welt“ schadet nicht. Natürlich habe ich auch schon einige kuriose Geschichten erlebt, aber die sprengen hier den Rahmen. Aber wer etwas zur heiligen Thermoskanne oder zu den Rauchzeichen aus der Betriebszentrale oder zum Besuch vom Fernsehen hören will, kann mich gerne auf dem Campus ansprechen.

Meine Kommiliton:innen reagieren meistens erst einmal etwas irritiert und wundern sich, dass man für den Job keine Ausbildung benötigt.  Sobald ich mehr erzähle, sind viele positiv überrascht, wie man als Studierende:r sein Geld verdienen kann. Gerade bei männlichen Gesprächspartnern ist die Begeisterung groß – die kleinen Jungs leben in uns fort, egal, wie alt man ist.

Gute Rahmenbedingungen für Studierende auf Jobsuche

Ja, ich mache meinen Job wirklich gerne und kann ihn nur weiterempfehlen. Klar bringe ich einiges an Begeisterung für das Thema mit, aber auch unabhängig davon übe ich eine sehr sinnvolle und erfüllende Tätigkeit aus. Dazu beizutragen, die Metropolregion vor dem kompletten Verkehrskollaps  zu bewahren, macht mich ein Stück weit stolz. Die Rahmenbedingungen für Studierende  (Gehalt, Arbeitszeit, Dienstkleidung, iPad, klar geregelte Abläufe, für alles gibt es Ansprechpersonen) sind bei der rnv äußerst zuvorkommend, was die Sache sehr erleichtert.

Bewerbt euch doch auch!

Aktuell laufen die Bewerbungen für die Kurse in Mannheim und Heidelberg für eine Ausbildung ab voraussichtlich Juli 2025. Wenn das interessant für euch klingt, bewerbt euch gerne! Wenn ihr mindestens 21 Jahre alt seid und einen Führerschein habt (keine Probezeit und nur maximal einen  Punkt in Flensburg), seid ihr herzlich willkommen. Die rnv ist mittlerweile ein „buntes Unternehmen“, in dem Vielfalt groß geschrieben wird, und das ist meiner Meinung nach eine riesige Bereicherung. Wenn ihr Fragen dazu habt, meldet euch gerne bei mir, meine Adresse  findet ihr auf StudIP. Ansonsten könnt ihr ja in Mannheim und Umgebung  die Augen offen halten, vielleicht fährt in eurer Bahn die Maus ganz vorne mit – ich freue mich immer über nette Begegnungen!

Zu sehen ist Lukas Schilling von hinten in der Straßenbahn im Führerhaus
Lukas im Einsatz. Foto: privat.

Zum Autor: Lukas Schilling hat Grundschullehramt im Bachelor an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg erfolgreich abgeschlossen und studiert nun im Master E-Learning & Medienbildung (ELMEB).

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