Mein Chinapraktikum: Klassenzimmer, Karaoke und Kultur

In der Schule mit Schüler:innen

Hannah hat ein Praktikum an einer Kooperationsschule in China absolviert. Im campusblog berichtet sie über ihre besonderen Erfahrungen und Lerneindrücke.

Von September bis Oktober durfte ich gemeinsam mit drei weiteren Studierenden ein unvergessliches Praktikum in China erleben. Wir waren die ersten Studierenden, die über eine Kooperation des Zentrums für schulpraktische Studien an der chinesisch-deutschen Grund- und Sekundarschule CDKS arbeiten und lernen durften. Das Praktikum an der Schule, die in der Wissenschaftsregion Xinchang im Südosten Chinas liegt, habe ich im 3. Mastersemester abgeschlossen, im Rahmen des Professionalisierungspraktikums. Zwei Monate voller Eindrücke, Überraschungen und herzlicher Begegnungen liegen hinter uns – und ich bin immer noch ganz erfüllt von dieser intensiven Zeit.

Unser Zuhause war auf dem Schulgelände, auf dem wir nicht nur gelebt, sondern auch gearbeitet haben. Wir teilten uns zwei Zimmer und wurden schnell Teil des lebendigen Schullebens. Die Kolleg:innen begegneten uns mit ihrer offenen, interessierten und unglaublich warmherzigen Art, die uns sofort willkommen fühlen ließ.

Zusammen klappt es, Foto privat

Zwischen Tradition und Unterricht

Unser Tagesablauf startete meistens im Lehrerzimmer, wo wir gemeinsam frühstückten – ein wunderbarer Start in den Tag. Danach erfuhren wir oft spontan, in welchen Klassen wir mitlaufen oder hospitieren durften. Die chinesischen Unterrichtsstunden waren für uns faszinierend: strukturiert, sehr frontal und doch auf eine Art lebendig, die sich deutlich vom deutschen Unterricht unterscheidet. Vieles blieb uns sprachlich ein Rätsel, denn natürlich wurde auf Chinesisch unterrichtet – aber gerade das machte es so spannend.

Eines der Highlights war, dass wir selbst den Deutschunterricht übernehmen durften, den die Schule anbietet. Vor allem die jüngeren Schüler:innen, die bereits ab dem integrierten Kindergarten Englisch lernen, waren besonders motiviert, mit uns in Kontakt zu treten – meist auf Englisch, manchmal mit Händen und Füßen.

Sport, Augengymnastik und jede Menge Spaß

Neben dem Unterricht wurden uns auch zahlreiche Freizeitaktivitäten angeboten: traditioneller chinesischer Tanz, HipHop, Bogenschießen – und überall wurden wir sofort integriert. Besonders spannend war das tägliche gemeinsame Laufen auf dem Sportplatz: Bevor der Schultag endet, müssen alle Schüler:innen drei Runden drehen. Und zwischen den Unterrichtseinheiten gibt’s sogar eine offizielle „Augengymnastik“, die mit einem bestimmten Lied eingeleitet wird.

Kindergarten-Action und kreative Kommunikation

Als die Englischlehrerin im Kindergarten krank wurde, sprangen wir kurzerhand ein. Eine echte Herausforderung, denn weder konnten wir Chinesisch noch die Kinder Englisch. Aber mit Liedern, Tänzen und Spielen fanden wir einen ganz eigenen Weg der Verständigung – und am Ende wurden wir sogar vermisst, wenn wir mal nicht da waren.

Abenteuer außerhalb des Klassenzimmers

Auch abseits der Schule wurde uns nicht langweilig. Wir machten Ausflüge in die Natur, wanderten, grillten und verbrachten sogar mehrere Tage in Shanghai und anderen Städten. Ein ganz besonderes Highlight waren nicht nur eine, sondern gleich zwei chinesische Hochzeiten, zu denen wir eingeladen wurden. Als Dankeschön gaben wir ein kleines „Konzert“ vor rund 300 Gästen – inklusive „Atemlos“ von Helene Fischer und „Kompliment“ von Sportfreunde Stiller. Gesanglich eher mittelmäßig, aber mit unserem Auftritt haben wir auf jeden Fall für Stimmung gesorgt!

Generell wurden wir oft auf offener Straße gefilmt, fotografiert oder angesprochen. Bei einem chinesischen Theater durften wir sogar Backstage und mit den Künstler:innen sprechen. Ach ja – und dann war da noch die Sache mit der fremden Familie, mit der ich plötzlich via Facetime sprechen musste, weil sie sich über die „europäischen Gäste“ freuten. Herrlich. 🙂

Einblicke in das chinesische Bildungssystem

Besonders beeindruckend war auch unser Besuch an einer öffentlichen Schule. Dort sitzen bis zu 40 Schüler:innen in einer Klasse, dürfen in der Mittagspause auf dem Pult schlafen und übernachten unter der Woche sogar auf dem Schulgelände. Elektronische Geräte bleiben zuhause – Lernen steht im Fokus. Ein Kontrastprogramm, das zum Nachdenken anregt.

Zu sehen ist Hannah beim Arbeiten mit einer Kommilitonin
Hannah (links) im Einsatz, Foto privat

Fazit: Ein Stück China im Herzen

Dieses Praktikum war weit mehr als nur ein beruflicher Einblick – es war eine Reise voller Lachen, Staunen und kulturellem Austausch. Ich habe nicht nur unglaublich viel über das chinesische Schulsystem gelernt, sondern auch über mich selbst. Besonders froh bin ich, dass ich dieses Abenteuer nicht alleine erlebt habe. Anders als damals in Japan war ich diesmal von anderen Studierenden umgeben, mit denen ich all diese surrealen, lustigen und manchmal fast fiebertraumhafte Momente teilen konnte.

Es wurde sich wunderbar um uns gekümmert und wir konnten tief in den Schulalltag eintauchen – mit all seinen Eigenheiten, Herausforderungen und schönen Überraschungen. Diese Zeit hat mir noch einmal deutlich gezeigt, wie sehr ich mich darauf freue, eines Tages selbst zu unterrichten. Sie hat mich nicht nur in meinem Berufswunsch bestärkt, Lehrerin zu werden – sie hat mir auch echte Freundschaften geschenkt.

Ein Stück China nehme ich auf jeden Fall mit nach Hause – im Herzen und in der Erinnerung.

Autorin: Hannah studiert Lehramt für Sonderpädagogik mit den Fachrichtungen geistige Entwicklung und Hören, sowie Grundbildung Mathematik und Philosophie/Ethik als Fach. Sie ist im 4. Mastersemester.

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