Lineare Algebra ist langweilig? Kommt auf den Blickwinkel an!

Zu sehen sind die Studierenden, die am Kopfende der gezeichneten Pyramide stehen und die Hände in die Luft strecken

Im Seminar Lineare Algebra befassen sich die Mathematikstudierenden mit Matrizen und Vektoren. Dozent Jens Dennhard berichtet im campusblog, wie sich Theorie und Praxis anschaulich und handlungsorientiert verbinden lassen.

Zentralprojektionen sind im Alltag immer wieder anzutreffen. Man kennt sie zum Beispiel aus Fussballstadien. Neben den Toren liegen dort zweidimensionale Werbebanner, die aus der Kameraposition betrachtet ein dreidimensionales Bild erzeugen. Von einer anderen Position aus betrachtet wirken diese Bilder verzerrt.

Projektion einer Pyramide

Wir hatten im Sommersemester 2024 im Seminar „Lineare Algebra“ die Idee, die Projektion einer räumlichen Figur groß auf den Eingangsbereich des Neubaucampus zu zeichnen. Wir wollten damit den Anwendungs- und Modellierungsaspekt der zu lernenden Inhalte verdeutlichen. Ein paar Vorbereitungen waren notwendig. Wir haben zuerst einmal die theoretischen Grundlagen besprochen. Mithilfe der dynamischen Geometriesoftware Geogebra haben wir mehrere Modelle erstellt, die die Studierenden dann auf Papier gezeichnet haben.

Wir haben uns dann für die räumliche Figur der Pyramide entschieden. Sie war einfach zu projizieren; außerdem hatten wir für das Anfertigen lediglich 90 Minuten Seminarzeit zur Verfügung.

Regenrinne als Koordinatenachse

Damit die Abbildung ausreichend groß ist, haben wir den Eingangsbereich des Neubaucampus gewählt. Die Kamera wollten wir im zweiten Stock anbringen, um eine möglichst hohe Position zu gewährleisten. Wäre das Vorhaben eine Woche zuvor noch buchstäblich ins Wasser gefallen, so war am Seminartag sehr viel Sonne angekündigt. Dass Planung und Umsetzung nicht immer so einfach sind, zeigt sich dann vor Ort. So mussten wir zuerst ein Koordinatensystem festlegen, um überhaupt die Punkte bestimmen zu können. Eine Regenrinne erwies sich dabei als wunderbarer Ausgangspunkt für eine Koordinatenachse! Die Kameraposition im zweiten Stock genau zu bestimmen war eine große Herausforderung, denn es standen nur Seile und kleinere Maßbänder zur Verfügung. Nachdem dies geschafft war, konnten wir alle Punkte der Pyramide bestimmen und zeichnen.

Aber es gab noch eine Hürde: Da in der ersten Modellierung das Bild der Pyramidenspitze außerhalb des Zeichenbereiches des Eingangsbereichs lag, musste dies schnell neu berechnet werden. Danach ging es bei 30° C und Sonnenschein ans Zeichnen: Zuerst wurden die Kanten gezeichnet und im Anschluss die Seitenflächen der Pyramide zur besseren Unterscheidung farblich hervorgehoben. Das Video im Zeitraffer gibt einen schönen Einblick in die Entstehung der Pyramide.

Optische Schnappschüsse

Und dann „stand“ sie da, die Pyramide! Die Projektion lud die Studierenden dazu ein, interessante optische Schnappschüsse – zum Beispiel auf der Spitze der Pyramide „stehend“ – zu machen. Entfernt man sich von der Kameraposition, sieht man auch die Verzerrung der Projektion. Diese und weitere Eigenschaften der Zentralprojektion werden in den restlichen Stunden des Seminares bis zur vorlesungsfreien Zeit nun aufgegriffen. Und ein weiterer Pluspunkt ist: Das Anfertigen der Zentralprojektion können die Studierenden mit geeigneter didaktischer Reduktion später auch in der Schule in der Sekundarstufe 1 durchführen.

Tolles Gemeinschaftsprojekt!

Ohne die Mitwirkung aller wäre dieses Projekt nicht gelungen. So haben die Studierenden den hohen Temperaturen getrotz und innerhalb kürzester Zeit Messungen, Berechnungen und Zeichnungen durchgeführt. Ein Dankeschön geht ans Medienzentrum der Hochschule, das Kameras, iPads und Stative zur Verfügung gestellt hat, da wir vor Ort testen mussten, welche Aufnahmetechnik überhaupt zum Erfolg führt. Darüber hinaus geht auch ein großes Dankeschön an Caroline Kübek, die dank ihrer Kenntnisse in der Videografie die tollen Zeitraffervideos erstellt hat.

Zu sehen ist ein Portraitfoto von Jens Dennhard.
Dr. Jens Dennhard, Foto Presse/PHHD

Autor: Dr. Jens Dennhard ist Akademischer Rat an der PH Heidelberg und lehrt im Fach Mathematik.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner